Wie alles begann…

Man kennt die 30er Jahre als eines der wirtschaftlich wildesten Jahrzehnte im letzten Jahrhundert, ständig zwischen Euphorie und Krise – und auch Citroen kann sich diesem Auf und Ab nicht entziehen…

Wir schreiben das Jahr 1934. Der Pariser Eiffelturm beleuchtet in diesem Jahr mit seiner riesigen Citroen-Reklame aus 280.000 Glühbirnen im nunmehr 8. Jahr die Stadt. Doch nicht jeder schaut mehr hin – daher hat André Citroen sie zusätzlich ausstaffieren lassen mit einer riesigen Uhr, deren Zeiger man bei guter Sicht bis 15km weit sehen kann. Auf der dritten Aussichtsetage hat man obendrein ein Thermometer montiert, das die Pariser mit der wichtigsten Wetterinformation des Tages versorgt.

Auch die Citroen-Werke am Quai de Javel werden in nur 5 Monaten radikal umgebaut. Die alten Produktionsstätten auf rund 120.000qm sowie allein rund 30.000qm Büros und “Ateliers” werden abgerissen, um auf erweiterten 200.000qm Platz zu schaffen für das ambitionierteste Automobilprojekt, das die Seinemetropole je gesehen hat. Zentrales Element sind zwei parallele, ca. 250m lange Produktionsstrassen, auf denen der neue Personenwagen nach amerikanischem Vorbild Henry Fords rationeller Montagebänder in großen Stückzahlen entstehen soll.

Zugleich werkelt seit 11 Monaten ein Team von Spezialisten rund um den jungen Ingenieur André Lefebvre hinter verschlossenen Türen an der Entwicklung des technisch modernsten Automobils dieser Zeit, das zugleich jedoch ein Fahrzeug für die Massen sein soll, unter dem Codenamen “PV” (Petite Voiture, kleines Automobil). Lefebvre wurde übrigens 1932 an André Citroen durch seinen früheren Arbeitgeber Gabriel Voisin vermittelt, nachdem sein kurzer Zwischenstop bei Renault eher frustrierend war – im konservativen Billancourt war man für die innovativen Ideen Lefebvres nicht aufgeschlossen…

Das Team um Maurice Sainturat, dem ehemaligen Chefingenieur von Delage und später Hotchkiss, entwickelt einen robusten, zugleich langlebigen Vierzylinder-Langhuber-Reihenmotor, dessen auswechselbare nasse Laufbuchsen für niedrige Reparaturkosten bei Motoreninstandsetzungen sorgen. Übrigens der nicht nur die nächsten 23 Jahre mehr oder weniger unverändert seinen Dienst verrichtet, selbst in den Nachfolgemodellen bis in die 70er Jahre und dem HY bis 1981 hin wird man diesen Motorblock noch wiederfinden!

Flaminio Bertoni zeichnet für das Design verantwortlich. Obwohl – eigentlich zeichnet er nicht, Bertoni arbeitet als Skulpteur. Er entwirft Dutzende von Tonmodellen und läßt aus diesen die technischen Zeichnungen ableiten, nicht umgekehrt. Er gilt als der Erfinder des 3D-Volumenmodells im Automobilbau.

Am 24. März 1934 wird das “Modell 7A à Traction Avant”, kurz Traction Avant, einer großen Anzahl gespannt wartendender Vertragshändler, am 18. April 1934 dann den Journalisten vorgestellt, die das Fahrzeug prompt als “sensationell” betiteln und zugleich als Anker für ein wieder im Selbstbewusstsein erstarkendes und aus der Wirtschaftskrise erwachendes, junges Frankreich sehen. Die Produktionsanlagen am Quai de Javel liefern anfänglich pro Tag 300 Autos aus!